Vom 25. bis 29. November 2019 fand in Berlin das 14. Internet Governance Forum (IGF) der Vereinten Nationen statt. Das 2005 aus dem Weltgipfel über die Informationsgesellschaft (WSIS) hervorgegangene IGF versammelt jährlich mehrere tausend Teilnehmer aus verschiedenen Regionen und sozialen Sektoren, um drängende Fragen des Internets und der digitalen Gesellschaft im Allgemeinen zu diskutieren. Das diesjährige IGF hatte drei Hauptthemen: "Data Governance", "Digitale Integration" und "Sicherheit, Sicherheit, Stabilität und Widerstandsfähigkeit".
Wie üblich fand am Eröffnungstag des IGF ein Symposium des Global Internet Governance Academic Network (GigaNet) statt. Zu den diesjährigen GigaNet-Präsentatoren gehörten Alumni GCR21-Fellow. Blayne Haggart, der über die Governance globaler Internetplattformen sprach. Darüber hinaus präsentierten GCR21 Co-Direktor Jan Aart Scholte und die zukünftiger GCR21-Gastwissenschaftlerin Hortense Jongen ihre Ergebnisse über Legitimitätsverständnisse von Multistakeholder-Global Governance bei der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN).
Auf dem IGF-Forum selbst veranstalteten Hortense und Jan einen Workshop zum Thema "Inklusion und Einfluss im Multistakeholderismus bei ICANN". Moderiert wurde die Sitzung von Manal Ismail (Ägypten), der Vorsitzenden des Regierungsbeirats der ICANN. Zu den Rednern gehörten Nandini Chami (Indien), stellvertretende Direktorin IT for Change, Leon Sanchez (Mexiko), stellvertretender Vorsitzender des ICANN-Vorstands, und Erika Mann (Deutschland), Internet-Unternehmerin und ehemalige Mitglied des Europäischen Parlaments. Rund 80 weitere Teilnehmer aus der ganzen Welt nahmen ebenfalls teil.
In Bezug auf das IGF-Thema der digitalen Integration befasste sich der Workshop mit Fragen der strukturellen Ungleichheit bei der globalen Governance des Internets durch mehrere Interessengruppen. Wie mehrere Redner betonten, ist "Offenheit" bei der Internet-Governance nicht dasselbe wie eine sinnvolle Beteiligung. Insbesondere wurden die Hierarchien des Einflusses im ICANN-Regime in Bezug auf Alter, Geschlecht, Geographie, Sprache, Rasse/Ethnizität und Sektor untersucht. Hortense und Jan hatten ein Hintergrunddiskussionspapier auf der Grundlage ihrer Umfrage unter 467 regelmäßigen Teilnehmern des ICANN-Regimes erstellt.
Ein Konsens, der sich sowohl in der Umfrage als auch im IGF-Workshop zeigte, bestätigt, dass eine integrative Beteiligung für die Verwaltung des Internets durch mehrere Interessengruppen sehr wichtig ist. Eine große Mehrheit der Menschen sieht jedoch auch erhebliche Ungleichheiten in den Multistakeholder-Prozessen der ICANN. Die Teilnehmer sehen insbesondere einen ungleichen Einfluss in Bezug auf die Sprache (d.h. fließend in Englisch oder nicht) und die geografische Kluft zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden. Sie sehen auch die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern als besonders problematisch an. Interessanterweise zeigen die Umfrageergebnisse, dass Menschen in Positionen mit weniger Einfluss im Durchschnitt größere und problematischere Exklusion wahrnehmen als Menschen in Positionen mit mehr Einfluss. Die Erkenntnis, dass diese Wissenslücke besteht, kann ein Schlüssel beim Abbau solcher Ungleichheiten in einer zukünftigen Internet-Governance sein. (Orignal: englisch)
Jan Aart Scholte
Digital Governance wird Schwerpunktthema des nächsten Ausgabe des Quarterly Magazine sein und einen Bericht des IGF enthalten: "Internet Governance on the move".