Christine Unrau an der Universidade Federal do ABC, São Paulo

Forschungsgruppenleiterin stellt aktuelle Forschung vor

 

Von Mitte Februar bis Mitte März 2020, war Christine Unrau Capes Print Gastprofessorin an der Universidade Federal do ABC, São Paulo, Brasilien. Dort arbeitete sie an ihrem Forschungsprojekt zu sentimental education, d.h. der Mobilisierung von Emotionen im Kontext von Flucht und Vertreibung. Obwohl der aktuelle Präsident eine Politik der Schließung betreibt, spielt Brasilien nach wie vor eine zentrale Rolle für die Aufnahme von Geflüchteten in den Amerikas, nicht zuletzt aufgrund des Engagements von NGOs und zivilgesellschaftlichen Organiationen. Wie sich zeigte, haben einige ihrer Protagonisten ein ausgearbeitetes Konzept entwickelt, wie es gelingen kann, das Bewusstsein für die Situation von Geflüchteten zu stärken, ohne dabei auf problematische Opferdiskurse zurückzugreifen. Ein Beispiel ist die Fotoausstellung „Um lar chamado São Paulo“ („Ein Zuhause namens São Paulo“), die 2017 unter anderem auf Initiative der NGO Instituto ADUS im Zentrum von São Paulo organisiert wurde.

Während ihres Aufenthaltes präsentierte sie ihre Forschung in Seminaren, Workshops und Vorträgen. Ihr erster öffentlicher Vortrag trug den Titel „Time for indignation?“ und untersuchte das Aufkommen von Empörung als Emotionsnorm im Kontext der Gloablisierung. Ihr zweiter Vortrag „Sentimento e progresso? Reflexões sobre o papel das emoções na mudança política“, nahm das Thema des Fortschritts auf, das in letzter Zeit ins Zentrum der Debatte über Form und Gerichtetheit politischer Transformationen gerückt ist.

Gemeinsam mit Stephan Hollensteiner, dem Geschäftsführer des Profilschwerpunkts „Wandel von Gegenwartsgesellschaften“ an der Universität Duisburg-Essen, stellte sie auch die Forschungsmöglichkeiten in Deutschland und insbesondere im Ruhrgebiet vor. Ein Schwerpunkt lag dabei auf dem aktuellen Fellowshipprogramm des Kollegs. Damit trugen die beiden zur sich vertiefenden Partnerschaft der UFABC und der Universität Duisburg-Essen bei, die auf historische und strukturelle Gemeinsamkeiten der beiden Universitäten zurückgeht. Dazu gehört das Engagement im Rahmen einer postindustriellen Transformation sowie das Eintreten für Vielfalt und Bildungsgerechtigkeit. Dieses Jahr war bereits der an der UFABC lehrende Professor Gilberto Rodrigues im Rahmen des CAPES Print Programms für mehre Monate zu Gast am Kolleg.

Kurz nach ihrem Aufenthalt setzte die Universidade Federal do ABC alle Präsenzveranstaltungen aus, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Seither hat sich die Situation im Großraum São Paulo und in Brasilien insgesamt stark verschärft. Die Universidade Federal do ABC hat aktiv zur Bekämpfung des Virus beigetragen und ein flexibles Konzept für die Fortsetzung von Lehre und Prüfungen während der Krise entwickelt.