Öffentliche Legitimation durch „Going Personal“? Die unklare Rolle von Funktionären internationaler Organisationen in den sozialen Medien

Neuer Artikel von Forscher Matthias Ecker-Ehrhardt

Senior Researcher Matthias Ecker-Ehrhardt hat kürzlich einen Artikel in Politics and Governance, veröffentlicht, der seine Tätigkeit in der Forschungsgruppe 'Legitimation and Delegitimation in Global Cooperation' widerspiegelt und in engem Zusammenhang mit der für den (De-)Legitimation Survey (DLegS) durchgeführten Forschung steht. Public Legitimation by “Going Personal”? The Ambiguous Role of International Organization Officials on Social Media problematisiert den Einsatz von „Personalisierung“ durch IOs zur Kommunikation und Interaktion mit einer breiteren Öffentlichkeit über verschiedene Social Media-Plattformen.

Der Schlüssel zur Diskussion liegt in der Bewertung der personalisierten Methoden, mit denen IOs die öffentliche Legitimität der globalen Governance beeinflussen, d.h. das Ausmaß, in dem Bürger die Autorität eines IO als angemessen ausgeübt betrachten. IOs sind nicht länger unpersönlich, gesichtslos und monolithisch, sondern haben vielmehr verschiedene, reale Personae und persönliche Gesichter in die öffentliche Sphäre ausgeweitet. Die Social Media-Kommunikation dieses oder jenes Beamten oder jener Beamtin kann eine immer größere Bevölkerung erreichen, jedoch nicht ohne differenzierte Auswirkungen. Dies ist eine Abkehr vom klassischen Pressemitteilungsmodell der IOs und hin zu einem „ständigen Strom von Nachrichten und Bildern, der den Nutzern näher bringt, wie Beamte aller Dienstgrade jeden Tag internationale Regierungsführung betreiben“.

Die Reaktionen der Nutzer*innen auf Grundsatzerklärungen erfolgen heute mehr oder weniger unmittelbar, was die Bewertung des Konsenses erschwert. Es kann eine Fülle von Daten gesammelt werden, die die Vielzahl der widersprüchlichen Auswirkungen der Aussage eines bestimmten Beamten oder einer bestimmten Beamtin auf verschiedene Akteure aufzeigen. Beamte müssen ihre Rolle in den sozialen Medien ausüben, um emotionale Gefühle hervorzurufen – ein Vorgang, den Ecker-Ehrhardt mit einer Art emotionaler Arbeit vergleicht, die effektiv sein kann, aber auch scheitern kann.

Der Artikel beschreibt eingehend die Herausforderungen dieses Prozesses und beleuchtet einige seiner Stolpersteine in den Abschnitten: „Entpolitisierung der Trivialisierung“, „populistische Versuchung“, „rhetorische Verstrickung“, und „organisierte Heuchelei“. Moderne IO-Kommunikation ist persönlich, allgegenwärtig und sicherlich problematisch. Ecker-Ehrhardt geht auf die Feinheiten ein und lädt zu weiterer Forschung zu diesem Thema und dazu ein, wie Legitimitätsprozesse hier unterstützt (oder behindert) werden.

Abstrakt

Internationale Organisationen nutzen zunehmend soziale Medien, um Bürger*innen mit einer Fülle von Inhalten anzusprechen, was dazu führt, dass Beamte aller Dienstgrade zum „persönlichen Gesicht“ institutioneller Prozesse stilisiert werden. Solche Praktiken deuten auf ein neues Maß an Zugang zum Alltag des Multilateralismus hin, der traditionell vor der Kamera und mit Hilfe diplomatischer Diskretion stattfand. Darüber hinaus vermischt sich bei diesen Praktiken die intuitive Wahrheit von Bildern in sozialen Medien oft mit einem glaubwürdigeren Ausdruck emotionaler Zustände – wie Begeisterung, Sympathie, Wut oder Scham –, was die Legitimation internationaler Organisationen als glaubwürdige Vertreter gemeinsamer Werte und Normen erleichtert. Gleichzeitig deutet eine solche Personalisierung jedoch wohl auf eine problematische Abhängigkeit vom glaubwürdigen Verhalten von Vertretern internationaler Organisationen hin, da sie den institutionellen Anspruch auf entpersonalisierte „rational-rechtliche“ Autorität sowohl in der internationalen Politik als auch in lokalen Umsetzungsbereichen untergraben könnte. Außerdem verschärft es die bestehenden Probleme der Entkopplung von Maßnahmen in der globalen Governance von ihrer politischen Symbolik, da internationale Organisationen soziale Medien im Großen und Ganzen nutzen, um „von oben nach unten“ zu kommunizieren, obwohl sie eine persönlichere Art der Kommunikation unter Gleichgesinnten beanspruchen. Um dieses Argument zu veranschaulichen, greift der Artikel Inhalte auf, die von führenden Beamten der UN, des IWF, der WHO und der WTO auf Twitter geteilt werden.

 

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Journal

Politics and Governance (ISSN: 2183-2463) ist ein international begutachtetes Open-Access-Journal, das bedeutende und innovative Forschungsergebnisse aus allen Bereichen der Politikwissenschaft veröffentlicht.

 

Zitierung

Ecker-Ehrhardt, Matthias (2023). 'Public Legitimation by “Going Personal”? The Ambiguous Role of International Organization Officials on Social Media'. Politics and Governance, 11(3). doi:https://doi.org/10.17645/pag.v11i3.6767