
Forschungsprojekt am Kolleg
Herbert Wulfs Forschungsvorhaben trägt den Titel “India's Foreign Policy and it's Role in Global Governance”.
Indiens wachsendes Gewicht in der globalisierten Welt basiert weitgehend auf seiner ökonomischen Liberalisierungspolitik und seinem phänomenalen Wirtschaftswachstum innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte. Aber wird dieser wirtschaftliche Aufstieg auch von einer passenden Außen- und Sicherheitspolitik begleitet? Zahlreiche indische Politiker, Think Tanks und die Medien fordern die Regierung auf, sich aktiver an globalen Foren zu beteiligen, ihre diplomatischen Fähigkeiten und ihre Verteidigung auszubauen, eine "grand stragety" oder eine "non-alignment 2.0"-Außenpolitik zu formulieren, eine aktivere Nachbarschaftspolitik zu verfolgen etc.
Paradoxe, inkonsistente und widersprüchliche Urteile gehören unvermeidlich zu Indiens Rolle im 21. Jahrhundert dazu. Indien wird als eine der größten funktionierenden Demokratien der Welt beschrieben und ist doch einer der korruptesten Staaten. Die Modernisierung schreitet schnell voran, eine neue Mittelklasse entsteht - dennoch dominiert das traditionelle Kastenwesen Teile der Gesellschaft. Es hat eine schnell wachsende Wirtschaft, aber andere Teile sind immer noch unterentwickelt und leiden unter Armut; ein hoher Prozentsatz des Volkes lebt in akuter Armut und Verarmung. Das Land wird als aufsteigende Supermacht gehandelt, ist aber immer noch in ungelöste und manchmal gewaltsame Konflikte im Innern und mit seinen unmittelbaren Nachbarn verstrickt.
Aufgrund von Indiens Status und seiner seit langem stabilen, säkularen Gesellschaft und multikulturellen Demoratie fordert Indiens Elite einen Status als permanentes Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und generell einen zentralen Platz in globalen Angelegenheiten. Indiens Außenpolitik betont sein Recht, als Schwergewicht (in der UN, der G20 und der BRICS-Initiative) angesehen zu werden. Sein Beharren, eine Atommacht zu sein und sein jährliches zweistelliges Investitionswachstum bei konventionellen Waffen sollen Indiens globale Ambitionen illustrieren und gleichzeitig seinen Nachbarn seine regionale Vormachtstellung, wenn nicht gar Überlegenheit, demonstrieren.
Das Forschungsvorhaben soll die Grundlagen von Indiens globalen Ambitionen offenlegen, die so deutlich mit den enormen Schwierigkeiten konstrastieren, mit denen Indien im Innern und an seinen Grenzen kämpft.