
11. Juni 2012, Ort: Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI)
Wie die Garantie der freien Meinungsäußerung als Grundvoraussetzung globaler und kulturübergreifender Kooperation gestaltet werden kann, war das Thema unserer ersten Käte Hamburger Lecture mit Timothy Garton Ash, Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford.
Durch die wachsende Verbreitung von Internet und Mobilfunk sind wir in der heutigen Welt zunehmend alle Nachbarn. In seinem Vortrag „Can (and should) there be global norms for freedom of expression?“ plädierte Ash für eine Neugestaltung der Redefreiheit in unserer globalen, vernetzten Welt. Ash bietet dafür mit seinem interaktiven Projekt freespeechdebate.com, dass er an diesem Nachmittag vorstellte, eine Denk- und Diskussionsstruktur. In 13 Sprachen kann auf der Internetplattform auf Grundlage von zehn Prinzipienentwürfe diskutiert werden, welche Grenzen und Normen für die Meinungsfreiheit gelten sollen.
Im Mittelpunkt stehen für Ash nicht allein die gesetzlichen Regelungen durch die staatliche Ebene, sondern vor allem die freiwillige Selbstbeschränkung durch die (Netz-)BürgerInnen. Ziel ist es, Prinzipien der freien Meinungsäußerung zu finden, auf die sich Menschen unterschiedlicher Kulturen, Länder, Religionen und politischer Grundeinstellungen einigen können. Und dafür bedarf es ein globales Gespräch, das Expertise und Offenheit vereinigt. In diesem Rahmen betonte Ash?–?neben der Überwindung der sprachlichen Grenzen?–?die Bedeutung des Zugangs zum Internet und des Wissens über den Umgang mit diesem als Vorbedingungen für die Ausübung der Redefreiheit in unserer medialen Welt.
Anhand des umstrittenen siebten Prinzips, dass die Frage von Religion behandelt, gab Ash den rund 100 ZuhörerInnen aber auch anschaulich an Fallbeispielen, die kulturellen Unterschiede zu bedenken. Gibt es also Prinzipien, die universal gelten sollten und welche, bei denen auf Basis kultureller Kontextualisierung für einige Länder Abstriche gemacht werden müssen? Die Klärung dieser und weiter Fragen ist das Ziel seines Projekts.
In der Lecture hat Ash bewiesen, dass eine interessante, wohl informierte, wirklich transkulturelle und vielsprachige Debatte möglich ist. Im Anschluss an Ashs Vortrag lieferten die Kommentare von Christoph Bieber, Diedrich Diederichsen und Martin Eifert weitere Denkanstöße für die Debatte und schließlich fand die Lecture ihren Abschluss in einer anregenden Diskussion mit dem Publikum.
Eine Dokumentation der ersten Käte Hamburger Lecture können Sie hier hören.